Das Drucken mit PVA-Stützmaterial ist mit dem Ultimaker S5 und dem Ultimaker 3 einfach und komfortabel geworden. Und nach dem Drucken muss das PVA ja nur noch schnell aufgelöst werden.
In der Realität geht das Auflösen häufig alles andere als schnell. Das PVA will und will sich nicht auflösen, Stunden verstreichen und es passiert nicht viel. Was ist schiefgelaufen?
Das Auflösen von PVA in Wasser ist ein physikalischer Prozess. Er wird durch die unterschiedliche Konzentration von PVA im aufzulösenden Teil (100%) und im umgebenden Wasser (anfänglich 0%) angetrieben. Man kann sich diesen Potenzialunterschied wie eine Batterie vorstellen.
Legt man das PVA ins Wasser ist dieser Unterschied maximal und der Auflösungsprozess beginnt gleich. Doch schon nach kurzer Zeit hat das umgebende Wasser aufgenommen und er Unterschied in der Konzentration nimmt ab. In der Batterie-Analogie würde die Spannung kleiner werden. Damit verlangsamt sich der Auflösungsprozess. Die Konzentration im Wasser steigt natürlich schneller, wenn das aufgelöste PVA sich auf eine kleinere Wassermenge verteilen muss, d.h. wenn kleine Wassermengen verwendet werden. Wir merken uns: Je grösser die Wassermenge ist, in der das PVA aufgelöst wird, desto schneller und vollständiger findet das Auflösen statt.
Die Konzentration wird sich mit der Zeit im gesamten Wasservolumen ausgleichen. Das kann man beschleunigen indem man das Wasser bewegt. Das muss aber grossvolumig geschehen. Ein Ultraschallbad etwa bewegt zwar die Wassermoleküle, aber nur auf kleinem Raum und v.a. hin- und zurück. Wir merken uns: PVA löst sich schneller in grossvolumig bewegtem Wasser auf.
PVA bezeichnet eine ganze Familie von Polyvinyl-Acetaten, welche durchaus unterschiedliches Verhalten beim Auflösen zeigen können. PVA, das für 3D-Druck-Filamente verwendet wird, hat die Eigenschaft, dass es sich schneller auflöst wenn die Wassertemperatur höher ist. Allerdings sollte man immer aufpassen, dass die Wassertemperatur nicht näher als 5°C and die Formbeständigkeitstemperatur des Haupt-Druckmaterials herankommt. Wir merken uns: In warmen Wasser löst sich PVA tendentiell schneller auf.
Wie bei vielen Dingen gilt auch beim Auflösen von PVA das Vermeidungsprinzip. Jedes Gramm PVA, das nicht aufgelöst werden muss, beschleunigt den gesamten Vorgang. Konkret heisst das: Möglichst viel PVA-Stützstruktur entfernen bevor man den Print überhaupt ins Wasser einlegt. Eventuell kann es dabei hilfreich sein, den Print zuerst für 5-10 Minuten ins Wasser einzulegen.
Wie können nun die Erwärmung, das grosse Wasservolumen und die grossräumige Wasserbewegung realisiert werden? Sehr einfach geht das mit einem Sous-vide Gareinsatz. Im Prinzip kann auch ein komplettes Sous-Vide Gargerät eingesetzt werden. Je nach Bauweise könnten sich dort aber allfällige PVA-Klumpen schwerer wieder aus dem Antrieb entfernen lassen.
Im ersten Schritt legt man das ausgedruckte Objekte, wahlweise gleich auf der Glasplatte, in einen grossen Behälter (z.B. eine Normbox). Der Sous-vide Gareinsatz wird montiert und ggf. der Wasserpegel an den Arbeitsbereich des Sous-vide Gareinsatzes angepasst (so dass dieser zwischen der Minimum- und Maximum-Markierung liegt).
Nun lässt man den Sous-vide Garer das Wasser auf maximal 50°C aufwärmen - höher sollte man nicht gehen um Verbrennungen vorzubeugen. Bei PLA sollte maximal auf etwa 35°C aufgewärmt werden da sich ansonsten je nach Geometrie der Ausdruck verziehen kann.
Schon nach kurzer Zeit löst sich der Ausdruck normalerweise von der Glasplatte wenn er mit dieser zusammen eingelegt wurde. Bei filigranen Strukturen muss man von nun an eventuell aufpassen, dass diese beim freien Bewegen des Prints im Wasserbad nicht beschädigt werden. Je nach verwendeter Wassermenge kann es zu diesem Zeitpunkt sinnvoll sein, das Wasser auszutauschen um den weiteren Auflösevorgang noch etwas zu beschleunigen.
Wenn der Sous-vide Garer mit weniger als maximaler Wasserhöhe betrieben wird, kann es durch die Mischung von PVA-Lösung und Luft zu teilweise erheblicher Schaumbildung kommen. Bei längerem Betrieb des Sous-vide Garers wird daher empfohlen, von Zeit zu Zeit den Pegelstand zu überprüfen.
Zuguterletzt wird der Ausdruck aus dem Wasserbad entnommen und getrocknet. Hier gilt es wiederum zu beachten, dass die Trocknungstemperatur der Formbeständigkeitstemperatur des Druckmaterials angepasst ist; die Heissluftpistole ist also in den meisten Fällen keine gute Idee. Je nach verwendetem Kunststoff ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Ausdruck nicht wasserdicht ist, relativ gross. Dadurch können sich im Innern des Ausdrucks immer noch erhebliche Mengen an Wasser befinden obschon der Print an der Aussenhaut bereits trocken ist.
Eine alternative Methode ist die Verwendung eines Aquariums mit einer Aquariumpumpe welche über eine Heizfunktion verfügt.